Pädagogisches Institut
für Lernförderung
Seit 1983


Verfahren

Einordnung. Zunächst ist unsere Arbeit einzuordnen in die heute fast unüberschaubar gewordene Fülle von Interventionsverfahren bei LRS (Lese- Rechtschreibschwäche, Legasthenie). J.J. Dumont et. al. unterscheiden sechs verschiedene Ansätze, die sich in drei Gruppen einteilen lassen:

1. Verfahren, die an den konkreten Schwierigkeiten - lernaufgabenspezifisch - ansetzen
(basieren auf der Sprachstruktur oder der Sprache im Kontext, z.B. analytisch-synthetisch)

2. Verfahren zur "Reprogrammierung" neurologischer Funktionen (Einwirken auf das Nervensystem, z.B. Hörtrainings, "Halbfeld" -Trainings, NIM, Delacato, Tomatis, Dennison, Bakker, van der Ley)

3. Verfahren zur Übung grundlegender - basaler - Funktionen (allg. Wahrnehmungstraining, z.B. sensomotorisches, visuell-räumliches Training ohne Beeinflussung des Sprachstandes)

Wissenschaftlich beachtenswerte, allseits anerkannte Wirksamkeitsnachweise der Verfahren 2 und 3 zur gezielten Förderung bei LRS sind bisher nicht bekannt. Insbesondere ist die Lernwirksamkeit von Förderungen sog. basaler Wahrnehmungsfunktionen wissenschaftlich nicht belegt. Elternverbände zur "Legasthenie" betrachten Verfahren der beiden letztgenannten Gruppen zudem eher kritisch, namentlich Trainings nach Frostig, Tomatis, Fred Warnke, Davis oder Blickkonstanztrainings, NLP, Raum-Lage-Labilitäts-Trainings, Kinesiologie, Visuomotorik, Edu-Kinestetik u.dgl.m. (vgl. dort).

Hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei LRS hingegen belegt sind nachweisbare Erfolge bei den Verfahren der ersten Gruppe (vgl. z.B. Mannhaupt, 1994). Anschaulich ausgedrückt bedeutet "lernaufgabenspezifisch", die Leseleistung eines Schülers wird sich nur durch spezielle Leseübungen, die Rechtschreibleistung nur durch spezielle Rechtschreibübungen verbessern. - Die bei uns angewandten pädagogisch-didaktischen Methoden - u.a. mit phonologisch-linguistischen Übungselementen etc. - sind der ersten Gruppe zuzuordnen.

Abgrenzungen. Des Weiteren ist unsere individuelle Förderarbeit - mit jeweils nur einem bis zu maximal drei Schülern - abzugrenzen gegenüber dem LRS-Unterricht in der Schule und herkömmlicher Nachhilfe. Legt man den Legasthenie-Erlass NRW vom 19.07.91 zugrunde, sollen die Fördergruppen normalerweise sechs bis zehn Schüler umfassen. Manchmal sind sie noch größer. Die LRS-Lehrkraft betreut die Kinder in der Regel gemeinsam und führt einen Gruppenunterricht durch. Die Schüler durchlaufen dabei mehr oder weniger dasselbe Programm oder Projekt - etwa im gleichen Tempo. Bei diesen Vorgaben stoßen die vorgeschlagenen Verfahrensweisen - selbst bei viel Herzblut der Lehrkraft und Engagement der Schule - an deutliche Grenzen. Dem amtlichen Mitteilungsblatt eines in der LRS-Förderung als vorbildlich geltenden Bundeslandes (Stichwort "Siebener") ist 2002 zu entnehmen: "Insgesamt werden 4.982 Grundschüler umfassend gefördert. Bei 5 % der Grundschüler wurden nach dem Diagnostizieren einer vermuteten LRS durch umfassende Förderungen ausreichende Leistungen im Lesen und Schreiben erreicht." Dies ist zweifellos ein Erfolg - aber auch der Fingerzeig auf das Dilemma. Denn die dortigen Angaben dokumentieren gleichermaßen, bei Tausenden von Schülern wurden durch umfassende schulische Förderungen keine ausreichenden Leistungen erreicht. Nach PISA weist auch der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung 2005 ausdrücklich darauf hin, dass es im deutschen Schulsystem gegenwärtig nicht hinreichend gelingt, "allen Heranwachsenden eine Grundbildung im Bereich ... der Lesekompetenzen zu vermitteln". Immerhin räumen Lehrerfortbilder wie Klippert ein, dass es "eine große Gruppe" von Schülern gibt, die mit den Anforderungen der offenen Lern- und Arbeitsformen nicht zurechtkommen. - Entsprechend reicht auch die herkömmliche Nachhilfe eher selten aus.

Die Kritik an speziellen Interventionsverfahren bei LRS und Evaluationsstudien dazu ist unüberhörbar. Erfahrungsgemäß werden fertige Förderkonzepte - bei LRS also etwa rein lautgetreue, regelgeleitete, strategiebezogene oder psycholinguistische "Therapien" oder "Programme" - weder den individuellen Lernbedingungen des einzelnen Schülers noch der Komplexität des Lerngegenstandes hinreichend gerecht. Sie "kleben" möglicherweise zu "brav" an einer Grundidee oder den ideellen Phasen theoretischer Erwerbsmodelle, die ihrerseits z.T. - etwa mit Blick auf den phasenförmigen Ablauf - selbst in der Kritik stehen. Oder sie setzen ihre jeweiligen Schwerpunkte gar allzu fern vom einzelnen Lerner, wobei allerdings immer die Hoffnung mitschwingt, es werde schon das Richtige auch für ihn dabei sein. Ferner ist die Diagnosemethodik selbst z.T. kritisch zu sehen, nicht nur die mit Recht beklagte "Kluft" zwischen Diagnose und Therapie allein.

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