Pädagogisches Institut
für Lernförderung
Seit 1983


Ansatz

Nach aktuellem Wissenschaftsstand werden Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Rechtschreiben als pädagogisches Problem aufgefasst, unabhängig davon, ob Begleit- oder Folgesymptomatik vorhanden ist oder nicht. Alle pädagogischen Maßnahmen haben die individuellen Lernbedingungen in besonderem Maß zu berücksichtigen. Sie können bzw. sollten bei Bedarf von Maßnahmen anderer Stellen (z.B. Fachärzte, HNO- und Augenärzte, Spezialisten für eine multimodale Behandlung bei ADHS etc.) unterstützt werden.

Individualförderung. Im Gegensatz zu Gruppenförderungen setzt unsere Förderung methodisch und inhaltlich am fachlichen Förderbedarf und den spezifischen Bedürfnissen jedes Einzelnen an. Sie orientiert sich an den persönlichen Vorerfahrungen und der Lernausgangslage ebenso wie an individueller Lerngeschwindigkeit, Stärken und der eigenen Denkrichtung in Bezug auf Sprache. Das Lernen ist möglichst ganzheitlich ausgerichtet, kann alle Sinne und Hirnhälften ansprechen. Der Lernprozess wird systematisch beobachtet und dokumentiert.

Die jeweils sequenziell zu strukturierende Förderung ist auch inhaltlich am Einzelnen ausgerichtet, nicht an einem für alle Schüler inhaltsgleichen Programm oder Projekt; der übliche direkte Leistungsvergleich entfällt. Sie richtet sich nach den vorhandenen Lernrückständen und Lernfortschrittsbeobachtungen, die ihrerseits Auswirkungen auf Struktur und Inhalt der folgenden Sequenzen haben. Das für jeden Schüler einzeln erstellte Lernmaterial ist dabei so vorbereitet, dass er - keineswegs immer, aber dennoch - möglichst oft, selbständig und eigengesteuert neue, positive Lernerfahrungen in seinen Engpassbereichen machen kann. Leistungsdruck und stures Einpauken unverstandener Regeln und Routinen sollen und können so entfallen. Für mehr Methodenwechsel, mehr Bewegung, multisensorisches Lernen und ein "unbemerktes Overlearning" stehen jedem Schüler jederzeit zwei verschiedene Arbeitsplätze zur Verfügung - "blended learning". Bei dieser Vorgehensweise ist die Zahl der Einzelförderungen, die gleichzeitig stattfinden können, auf ein bis maximal drei Schüler pro Lernraum begrenzt. Bei massiven Erwerbsproblemen - meist im frühen Stadium oder bei besonderer Begleit- oder Sekundärsymptomatik - ist eine eins zu eins Fördersituation unabdingbar.

ASIRA Ansatz. Lernen ist ein aktiver, selbstgesteuerter und konstruktiver Prozess, der von sozialen und situationsbedingten Variablen beeinflusst wird. Das Erlernen der Schriftsprache baut immer auf gegebenem sprachlichen Denken und Wissen auf. Die Fülle an neuen schriftsprachlichen Informationen passt oft nur unzureichend zur bestehenden Struktur vorhandener Sprachinformationen und kann bei problematischer Integration in dieses Gefüge zu "Fehlkonstruktionen" (vgl. Konstruktivismus) und Widerständen führen. Eine lernerfolgsorientierte Förderung erfordert vor allem einen pädagogisch, lernpsychologisch und linguistisch sinnvollen Umgang damit. An dieser Schnittstelle reichen Individualisierung und eigenverantwortliches Lernen nicht aus, wenn sich die Förderung nicht hinreichend am Lern- und Denkprozess des Einzelnen sowie den individuellen Widerständen orientiert. Stures, beziehungsloses Üben ohne eigene Aktivität beeinträchtigt die Motivation und ist zu vermeiden. Lernen wird am besten im Kontext konkreter Lernprozesse gelernt und nicht allein über isolierte Methodentrainings, wie sie in letzter Zeit vermehrt vorgeschlagen werden. Die Entwicklung von Lese-, Schreib- und damit Lernkompetenz ist ein Denkprozess, der schrittweise erfolgt und bei dem Methoden- und Strategietraining eingegliederte Bestandteile der Gesamtförderung sein müssen. Ein grundlegender Baustein zur Verbesserung des eigenen Lernens stellt der Aufbau metakognitiver Kompetenzen dar. Damit sind Fähigkeiten gemeint, die mit dem Nachdenken über das eigene Lernen, Wissen, Können und Handeln zu tun haben (vgl. Horster/ Rolff). Je mehr der Schüler in diesem für ihn so komplizierten Lernprozess am Anfang steht, umso mehr müssen - besonders vor dem Hintergrund der Komplexität linguistischer Gegebenheiten und Widersprüchlichkeiten orthographischer Prinzipien - pädagogische Prinzipien wie die der Klarheit und des Konkreten gewahrt bleiben. Einfach ist, was man kann. Und erst wenn man es kann, macht es auch Spaß. Der Dialog zwischen Lerner und "Helfer" bleibt ein wichtiger Faktor.

Phonologische Bewusstheit ist bei weitem nicht der einzige Aspekt in diesem Lernprozess. Die Fähigkeiten, nicht vertraute Wörter zu dekodieren und flüssig zu lesen, sind weitere Dimensionen von Bedeutung, ebenso wie Wortschatz, Verständnis und Lesemotivierung. Diese sechs Größen machen je nach Erfordernis eine inhaltlich mehrdimensionale und damit umfassende Ausrichtung der individuellen Fördermaßnahmen erforderlich.

In der LRS-Förderung arbeiten wir unter anderem nach den in weit über 20 Jahren praktischer pädagogischer Feinarbeit erprobten und stetig weiterentwickelten Erfassungs-, Lehr- und Lernmethoden, unserem ASIRA Ansatz. Dieser ermöglicht - je nach persönlichem Bedarf - individuelle Methoden, Lernwege und Strategien, regt z.B. das kreativ bildhaft-verknüpfende Denken an und nutzt es. Dieser innovative Ansatz verknüpft Diagnose und Therapie systematisch und ist auf die speziellen, meistens äußerst unterschiedlichen Anforderungen einer individuellen LRS-Förderung ausgerichtet. Er kann z.B. den Laut und - entsprechend den neueren Ergebnissen der Phonetik und der Schriftforschung - die Silbe (vgl. z.B. Röber-Siekmeier) in den Mittelpunkt des Denkens rücken. Grundlagen für diesen Ansatz sind u.a. wissenschaftliche Erwerbskonzepte, ausgewählte Techniken vorhandener LRS-Förderansätze, relevante Ergebnisse der neueren Hirnforschung (vgl. z.B. Spitzer) und nicht zuletzt eigene Langzeiterfahrungen mit LRS. Das Vorgehen ermöglicht ein einheitlich strukturiertes, systematisches, vor allem schülerakzeptiertes und -angepasstes Lernen auf allen wichtigen Stufen des Lernprozesses.

Bei hartnäckigen Problemen kann sich eine LRS-Förderung - extensiv und kindgemäß, d.h. ohne ungünstige Überbetonung des Problems im Schulalltag des Kindes - über mehrere Jahre erstrecken. Erfahrene Schulpsychologen (vgl. z.B. G. Tacke) weisen besonders auf diesen Punkt hin und fordern Geduld bei allen Beteiligten. Selbst nach erfolgreichen Förderungen ist ein völliges Verschwinden aller Probleme nicht immer zu erwarten; Kodierungs- oder Automatisierungsschwierigkeiten können im Erwachsenenalter z.T. wirksam bleiben, müssen dann aber für die Berufsausbildung und -ausübung kein grundsätzliches Hindernis mehr darstellen. (Vielleicht hat man ja später auch eine SekretärIn, die/der Ordnung in die Abläufe und Schusseligkeiten bringen kann.)

Unsere hochqualifizierten Mitarbeiter sind in der Lernförderung erfahrene Pädagogen mit Universitäts- oder Hochschulabschlüssen, die sich sowohl mit dem speziellen Lerngebiet als auch mit den bei uns angewendeten Prinzipien und Arbeitsformen vertraut gemacht haben. -

Anmerkung. In unserer täglichen Arbeit wollen wir unter LRS den eher neutralen und umfassenden Begriff Lese-Rechtschreibschwierigkeiten verstehen. Dieser engt weniger ein und bietet - im Hinblick auf Struktur und Ablauf einer Förderung - die Möglichkeit, im konkreten Fall besser zwischen unterschiedlichen Intensitäten der LRS sowie Begleit- oder Folgeumständen unterscheiden zu können. Die Benutzung dieses Begriffes soll zudem einer lernpsychologisch deplazierten Pathologisierung entgegenwirken; es gibt - nachgewiesenermaßen - eine Mehrzahl an Kindern mit LRS, die weder Begleit- noch Folgesymptomatik medizinisch bedeutsamer Art aufweisen. In der praktischen Arbeit bemühen wir uns daher, lernpsychologisch weniger günstig erscheinende Ausdrücke wie Legasthenie, Lernstörung, Defizite, Hirnfunktionsstörungen etc. nach Möglichkeit zu vermeiden und sprechen eher von LRS, Schwierigkeiten, Lernsituation, Förderung, Unterschieden etc.

Literatur:
Dumont, J.J. et al.: Effektiveness of dyslexia treatment. In: Pavlidis, George Th. (Hrsg): Perspectives on dyslexia. Chicester, 1990
Horster/Rolff: Unterrichtsentwicklung. Weinheim, Basel, 2001
Klippert, H.: Eigenverantwortliches Arbeiten und Lernen. Weinheim, 2001 - Lerntagebücher
Klippert, H., Müller, F.: Methodenlernen in der Grundschule. Bausteine für den Unterricht. 2. Auflage 1994, Weinheim, 2003
Mannhaupt, G.: Deutschsprachige Studien zur Intervention bei Lese- Rechtschreibschwierigkeiten. Zeitschrift für Päd. Psychologie, 8, 1994
Mecklenburg-Vorpommern, Mitteilungsblatt des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, 12. Jahrgang, Nr. 4, 2002
Piaget, J., Inhelder, B: Die Psychologie des Kindes, Olten und Freiburg, 1975
Reuter-Liehr, C.: Behandlung der Lese- Rechtschreibschwäche nach der Grundschulzeit. Zeitsch. für Kinder- u. Jugendpsychiatrie, 21,1993
Vester, F.: Denken, Lernen, Vergessen. Stuttgart, 1975
Weinert, F: Lernen des Lernens. In: Expertenberichte des Forums Bildung, Band. III, 2002

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